Seit ein paar Seminaren such ich nach neuen Wegen, meinen Teilnehmenden nicht nur die Anwendungsvielfalt von Systemischem Konsensieren (SK) näherzubringen, sondern ihnen auch die vielen Gedanken zugänglich zu machen, die mich in der Praxis begleiten.
Dabei entsteht eine spannende Dynamik: Die Teilnehmenden bringen konkrete Fragen mit – „Wie würdest du in diesem Fall moderieren?“ oder „Was macht man, wenn…?“ – und ich merke: Meine Antworten fallen unterschiedlich aus, je nachdem, aus welcher Rolle heraus ich antworte.
Vier Rollen, vier Perspektiven
Inzwischen unterscheide ich klar zwischen vier Hüten, die ich im Seminar immer wieder aufsetze – manchmal sogar im Minutentakt:
Die SK-Expertin (E):
Sie kennt die Theorie, die Prinzipien und die Tiefe der Methode. Sie weiß, dass SK viel mehr Komplexität abbilden kann, als Menschen intuitiv aushalten.
→ Beispiel: Die Passivlösung ist nicht immer zwingend notwendig – aber sie tut nie weh und kann im Ernstfall entscheidend sein.
Die Moderatorin (M):
Sie fragt sich, was in dieser konkreten Gruppe, in dieser Situation sinnvoll und anschlussfähig ist – ohne sich dogmatisch an Regeln zu klammern.
→ Beispiel: Heute lassen wir die Passivlösung weg, weil der Fokus gerade ganz woanders liegt.
Die Trainerin (T):
Sie hat im Blick, was Lernprozesse unterstützt – auch wenn das bedeutet, Dinge zu vereinfachen oder konsequenter einzufordern als in der Praxis nötig wäre.
→ Beispiel: Wir üben die Passivlösung grundsätzlich mit – damit sie im Ernstfall auch zur Verfügung steht.
Die Prozessdesignerin (P):
Sie denkt das große Ganze: Welche Informationen werden im Vorfeld gebraucht? Welche Methoden sind hilfreich? Wie sieht ein tragfähiger Beteiligungsprozess aus?
→ Beispiel: Wenn die Zielgruppe sehr unterschiedlich ist, baue ich mehr Rückkopplungsschleifen ein.
Den Balanceakt sichtbar machen
Ich habe gemerkt: All diese Perspektiven bringen wichtige Einsichten, sind aber schnell überfordernd, wenn ich sie nicht kenntlich mache – vor allem, wenn Antworten scheinbar widersprüchlich sind.
Deshalb mache ich die Perspektivwechsel inzwischen bewusst sichtbar. Nach verschiedenen Experimenten (mit Hüten, Brillen oder anderen „Props“) habe ich mein eigenes „Trainingsparkett“ entwickelt.
M – E – P – T.
Moderatorin – Expertin – Prozessdesignerin – Trainerin.
Ich tanze von Feld zu Feld – und mache dabei transparent, aus welcher Haltung ich gerade spreche.
Warum dieser Tanz wichtig ist
Weil echte Anwendung nicht nur aus Regeln besteht.
Weil es keine eine richtige Antwort gibt.
Weil gute Entscheidungen entstehen, wenn wir uns trauen, komplex zu denken – und zugleich handlungsfähig zu bleiben.
Und: Weil es ein Geschenk ist, mit Lernenden gemeinsam zu tanzen. 🔀
Kennt ihr diese Herausforderung? Wie macht ihr das in euren Trainings? Ich freue mich auf eure Perspektiven!